Praxis der Laktatmessung

Märchen aus der Sportmedizin

Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, Jahrgang 52, Nr. 1 (2001), Seite 33: „Praxis der Laktatmessung“, Absatz: „Methodenbedingte Messgenauigkeit…“, die Autoren: „Die Fehlermöglichkeit durch ein unkorrektes Probenvolumen (20 µl Kapillarblut) ist insbesondere bei der Verwendung von sogenannten „End-to-end“ Glaskapillaren zur Begrenzung des Probenvolumens als gering einzuschätzen.“

Institut für Sportdiagnostik: Das Gegenteil ist der Fall: Die beschriebenen 20 µl „End-to-end“ Glaspipetten haben bei der geringen Länge von 2,8 cm einen relativ großen Durchmesser, im Verhältnis zu einer normalen 20 µl und 6,2 cm langen mit einem Abgleich-Eichstrich versehenen Glaspipette. Beim Füllen der End-to-end Glasröhrchen kann es deshalb an beiden Enden zu einer deutlichen Überhöhung oder Verminderung der präzisen Blutmenge kommen. Der Messfehler beim Abgleichen ist hier also gegenüber der nur mit einem Eichstrich versehenen langen Kapillare mehr als doppelt so hoch. Ergebnisse aus vergleichenden Untersuchungen bestätigen erhebliche Abweichungen, sodass erfahrene Untersucher seit Jahren nicht mit den End-to-end Glasröhrchen arbeiten, auch wenn sie kostenlos von der Firma, die die Probengefäße liefert, beigefügt werden.

Absatz: „Einflussfaktoren auf die messbare Laktatkonzentration im Blut“, die Autoren: „Je höher die Änderung der Belastungsintensität [Gemeint ist die Belastungsanstiegsgeschwindigkeit, z.B. im Laufbandstufentest] und je deutlicher sich die Laktatproduktion ändert, desto deutlichere Konzentrationsdifferenzen können sich zwischen den einzelnen Kompartimenten ergeben [Gemeint sind Intra- bzw. Extrazellularraum]. Auf Grund dieser Konzentrationsdifferenzen erscheint es notwendig eine minimale Zeitdauer von mindestens 3 Minuten Belastungsdauer bis zum Erreichen eines Equilibriums zu gewährleisten.“

Institut für Sportdiagnostik: Eine Belastungsdauer von 3 Minuten in Stufentests ist nur dann ausreichend, wenn die Fragestellung im Retest lautet: Hat sich die Ausdauer verbessert, verschlechtert oder ist sie gleich geblieben? Wenn über die Laktat-Leistungs-Beziehung eine Trainingssteuerung erfolgen soll, kommt es bei einer solch kurzen Belastungszeit zu einer deutlichen Überschätzung von >0,4 m/s an der aerob-anaeroben Schwelle im Vergleich zu längeren Belastungszeiten (Literatur: Heck, Föhrenbach, Vassiliadis). Der Grund liegt u.a. in einer zeitabhängigen Laktatbildungsrate, die z.B. beim Hochausdauertrainierten schon bei Belastungen, die zu 1,5-2 mmol/l Laktat im Stufentest führen, sehr markant ist und bereits oberhalb des maximalen Laktat-steady-states in einem längeren Dauerlauf liegen kann.

Unter diesem Gesichtspunkt sollte mit möglichst langer Belastungsstufendauer von 10 Minuten getestet werden.

Seite 34, die Autoren: „Am Finger werden höhere Laktatwerte gemessen als am Ohrläppchen.“

Institut für Sportdiagnostik: Falsch, sowohl in der Fingerbeere als auch am Ohr handelt es sich um arteriallisiertes Mischblut. Vergleichende Untersuchungen führen zu nichtsignifikanten Unterschieden.

Literatur: Dietze, A., R. Donath, K. Rockstroh: Vergleichende Untersuchungen der Laktatkonzentrationen in Blutproben aus verschiedenen Entnahmestellen. Med. u. Sport 12, 370 (1974).