Individuelle Laktatschwelle?

Märchen aus der Sportmedizin

Runners World, 7/99, Seite 38; Sportmediziner aus Tübingen zum Thema „Anaerobe Schwelle im Rahmen der Leistungsdiagnostik“: „Inzwischen besteht immerhin Einigkeit darüber, dass die Laktatschwelle nicht bei einer fixen Laktatkonzentration wie 2 oder 4 mmol/l angegeben werden kann, sondern individuell berechnet werden muss. Der Hauptgrund hierfür ist, dass die Laktatkonzentration bereits in körperlicher Ruhe großen Schwankungen unterliegen kann.“

Institut für Sportdiagnostik: Drei Punkte dazu:

  1. Der Autor gibt selber bei seinen leistungsdiagnostischen Ergebnis-Ausdrucken für den Sportler die Leistung, z.B. Laufgeschwindigkeit bei 4 mmol/l Laktat, also an der aerob-anaeroben Schwelle, an. Und dies ist richtig so, weil weltweit anerkannt ist, dass der Mensch bei 4 mmol/l Laktat ein Gleichgewicht (steady-state) zwischen Laktatbildung und -beseitigung aufweist und z.B. die dazugehörige Leistung in einem Halbmarathonlauf durchhalten kann. Dass er demzufolge diese mit hohem Glykogenverlust einhergehende Leistung nicht im Grundlagenausdauertraining erbringen kann, versteht sich von selber und ist seit 20 Jahren bekannt.

  2. Vor 10 Jahren wurden die zahlreichen individuellen Schwellenkonzepte von H. Heck kritisch untersucht. Das Ergebnis lautet: Alle Konzepte kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen, deshalb kann kein „individuelles Verfahren“ stimmen. Diese verwandten mathematischen Verfahren können das physiologische individuelle maximale Laktat-Steady-State nicht angeben.

  3. Die nahrungsbedingt (Säure-Basen-Haushalt) unterschiedliche Laktatkonzentration im Blut hat absolut nichts mit irgend einer Laktatschwelle zu tun. Nach einem gemessenen Ruhewert von z.B. 2 mmol/l wir es bei einem mittel- bis gut trainierten Läufer bei der 1. oder 2. milden Belastungsstufe von hinreichender Dauer (> 5 min) und 55 - 65 % an der max. Sauerstoffaufnahme bei höherer Oxidation bzw. Laktatelimination in Übereinstimmung mit vielen eigenen Befunden zu Laktatkonzentrationen von nur 1 - 1,5 mmol/l kommen (Belcastro und Boonen 1975, Föhrenbach 1986). Dieser physiologische Zusammenhang erlaubt es auf gar keinen Fall, einen Laktat-Ruhewert von einem später unter hoher Belastung gemessene abzuziehen. Der Denkansatz des oben genannten Autors ist seit Jahren leider völlig falsch.